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Weniger Unternehmenspleiten in West- und Osteuropa

In Westeuropa sinkt die Zahl der Unternehmensinsolvenzen. Die EU-15-Länder – zuzüglich Norwegen und der Schweiz – verzeichneten im Jahr 2015 insgesamt 174.891 Unternehmensinsolvenzen. Im Vergleich zu 2014 (182.132) verringerte sich die Zahl der registrierten Insolvenzfälle um 4,0 Prozent. Bereits im Jahresvergleich 2013/14 war das Insolvenzgeschehen in Westeuropa rückläufig gewesen; damals mit einem Minus von 5,5 Prozent. Trotz der positiven Entwicklung liegt die Zahl der jährlichen Insolvenzen weiter über dem Stand vor Ausbruch der Finanzkrise (2008: 149.700 Unternehmensinsolvenzen).

Lediglich vier der 17 untersuchten Länder Westeuropas zeigten 2015 steigende Insolvenzzahlen: Portugal (plus 7,6 Prozent auf 7.288 Fälle), die Schweiz (plus 3,9 Pro-zent auf 6.098 Fälle), Luxemburg (plus 3,3 Prozent auf 873 Fälle) und Frankreich (plus 0,9 Prozent auf 61.379 Fälle). Deutliche Rückgänge verzeichneten Griechen-land (minus 42,7 Prozent auf 189 Fälle), gefolgt von Spanien (minus 25,1 Prozent auf 4.916 Fälle), und den Niederlanden (minus 20,7 Prozent auf 5.271 Fälle). In Deutschland (minus 3,5 Prozent auf 23.180 Fälle) und in Österreich (minus 3,2 Prozent auf 5.422 Fälle) lag der Rückgang im Durchschnitt der westeuropäischen Länder, in Großbritannien (minus 9,7 Prozent auf 15.952 Fälle) deutlich über dem Durchschnitt. So erreichen Großbritannien und auch Österreich mittlerweile wieder das Vorkrisenniveau, Deutschland sogar einen 16-Jahres-Tiefststand der Insolvenzen.

In vielen Ländern zeigen die Insolvenzzahlen aber meist noch Nachwirkungen der langen Euro-Wirtschaftskrise. So liegt das Niveau der Unternehmensinsolvenzen in den Krisenländern (Griechenland, Irland, Italien, Portugal und Spanien) trotz der jüngsten Entspannung weiterhin rund doppelt so hoch wie 2008. Entsprechend hoch bleibt der Anteil dieser Ländergruppe an allen Unternehmensinsol-venzen in Westeuropa. Zuletzt sank der Anteil aber leicht von 17,2 auf 16,8 Prozent (2008: 8,6 Prozent).

Handel bleibt noch anfällig

In allen vier Hauptwirtschaftsbereichen zeichneten sich im Jahresvergleich 2014/15 rückläufige Insolvenzzahlen ab. Am stärksten war der Rückgang im Verarbeitenden Gewerbe (minus 8,7 Prozent). Baugewerbe und Dienstleistungen folgen mit jeweils minus 5,1 Prozent. Der Handel (inkl. Gastgewerbe) war mit einem Rückgang um 1,9 Prozent nur Schlusslicht der Positiventwicklung. Mit europaweit rund 64.000 registrierten Insolvenzen im Jahr 2015 ist der Dienstleistungssektor Schwerpunkt des Insolvenzgeschehens. Der Anteil dieses Wirt-schaftsbereiches an allen verzeichneten Insolvenzen betrug 36,6 Prozent (Vorjahr: 37,1 Prozent). Zudem wurden rund 56.100 Insolvenzen von Firmen aus Han-del und Gastgewerbe registriert – der Anteil erhöhte sich von 31,4 auf 32,1 Prozent. Das Baugewerbe macht in Westeuropa 20,6 Prozent aller Insolvenzen aus (rund 36.000 Fälle; Vorjahr: 20,8 Prozent). Knapp 18.200 Insolvenzen gab es im Verarbeitenden Gewerbe (Anteil: 10,4 Prozent; Vorjahr: 11,0 Prozent). Starke Rückgänge gab es u. a. in den GIIPS-Ländern in den Wirtschaftsbereichen Verarbeitendes Gewerbe und Baugewerbe, während im Handel insbesondere in den Krisenländern Südeuropas (noch) keine Entspannung festzustellen war. In Frankreich waren mehr Insolvenzen im Handelssektor zu verzeichnen.

Krise in Russland und der Ukraine, Osteuropa erholt

Auch in den Ländern Mittel- und Osteuropas, zu denen Daten vorliegen, kam es 2015 zu einem Rückgang der Unternehmensinsolvenzen, der mit 11,4 Prozent stärker ausfiel als in Westeuropa. Insgesamt wurden 90.069 Fälle registriert, nachdem im Vorjahr mit 101.707 Fällen noch ein Rekordwert gemessen wurde. Die Wirtschafts-lage hat sich in weiten Teilen Osteuropas mittlerweile deutlich gebessert, viele Länder verzeichneten steigen-de Wachstumsraten. Schwerpunkt des Insolvenzge-schehens in Osteuropa waren Handel und Dienstleis-tungsgewerbe mit einem Anteil von zusammen 76,6 Prozent aller Insolvenzen.

Am deutlichsten sanken die Insolvenzzahlen in Rumänien (minus 50,4 Prozent), gefolgt von Ungarn (minus 22,2 Prozent), Tschechien (minus 15,7 Prozent) und der Slowakei (minus 14,0 Prozent). Die Anstiege in Kroatien (plus 164,0 Prozent) und Litauen (plus 26,2 Prozent) waren juristisch bedingt, da es Änderungen im Insolvenzrecht gab. Auch Bulgarien verzeichnete einen leichten Anstieg (plus 5,0 Prozent). In den übrigen baltischen Staaten entspannte sich das Insolvenzgeschehen.

Die anhaltend tiefe Wirtschaftskrise führt in der Ukraine (13.696 Insolvenzen; plus 3,8 Prozent) und auch in Russland (14.624 Insolvenzen; plus 0,8 Prozent) erneut zu einer hohen Insolvenzzahl. In den USA setzte sich der Erholungsprozess fort. Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen verringerte sich um 13,6 Prozent auf 29.897 Fälle.

Der Wirtschaftsaufschwung kommt an

Weiter verbessert hat sich die finanzielle Stabilität der westeuropäischen Unternehmen. Die Auswertungen der Bilanzen des Jahres 2014 zeigen: Gewinnmargen (EBIT) und Eigenkapitalquoten sind tendenziell gestiegen. So erreicht ein Siebtel der Unternehmen (14,7 Prozent) eine sehr hohe Gewinnspanne von mehr als 25 Prozent (Vorjahr: 14,0 Prozent). Der Anteil der Unternehmen, die Fehlbeträge erwirtschafteten, verringerte sich und liegt bei rund einem Viertel (25,3 Prozent; Vorjahr: 26,9 Prozent). Im Handel sind die EBIT-Margen trotz Verbesserungen weiterhin niedrig.

42,0 Prozent der Unternehmen verfügen mittlerweile über eine sehr hohe Eigenkapitalquote von über 50 Prozent. 2011 waren es erst 39,2 Prozent. Als eigenkapitalschwach, mit einer Eigenkapitalquote von unter zehn Prozent, gelten noch 24,3 Prozent der westeuropäischen Unternehmen. In den „GIIPS-Ländern“ (Griechenland, Irland, Italien, Portugal und Spanien) haben sich die Forderungslaufzeiten verringert, liegen aber immer noch bei durchschnittlich 81 Tagen. In Frankreich werden Rechnungen später bezahlt als im Vorjahr. Auch in Deutschland und in Skandinavien erhöhten sich die Laufzeiten zuletzt leicht.