Stimmungslage im Keller
Die Stimmungslage der mittelständischen Wirtschaft hat sich im Frühjahr 2024 nochmal weiter verschlechtert. Das zeigt die aktuelle Untersuchung der Creditreform Wirtschaftsforschung aus Neuss, für die rund 1.250 kleine und mittlere Unternehmen befragt wurden. Der Creditreform Geschäftsklimaindex (CGK) zur Beurteilung der Wirtschaftslage im Mittelstand sank auf minus 1,4 Punkte. Erstmals seit dem Frühjahr 2009 verzeichnet der Sektor damit ein überwiegend negatives Stimmungsbild.
„Die Hoffnung auf eine Konjunkturerholung nach dem dritten Krisenjahr wird sich nicht erfüllen. So schlecht wie jetzt war die Stimmung im Mittelstand seit der Weltfinanzkrise nicht mehr“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung. Die Geschäftserwartungen sind pessimistischer als im Vorjahr und liegen auf dem niedrigsten Stand seit 15 Jahren. Die aktuell schwache Baukonjunktur und Industrieproduktion bremsen die Geschäftsentwicklung im Mittelstand erheblich. Neben den Kriegen in Osteuropa und im vorderen Orient trägt auch die derzeitige Wirtschaftspolitik zur hohen Verunsicherung bei.
Konjunkturaufschwung verschoben
„Die Abschwächung der Inflation hat bei den Unternehmen bisher noch keine positiven Effekte hinterlassen“, erläutert Patrik-Ludwig Hantzsch. Weiterhin überwiegen die Nachwirkungen der Teuerung. Die weitere Auftrags- und Umsatzentwicklung wird im Mittelstand eher pessimistischer eingeschätzt als in den Vorjahren. Nur 21,9 Prozent der Befragten erwarten für die kommenden Monate ein Auftragsplus, während 17,6 Prozent Rückgänge befürchten. Leichte Konjunkturimpulse sind lediglich im Dienstleistungssektor möglich.
Hohe Finanzierungskosten und pessimistische Konjunkturaussichten dämpfen zudem die Investitionsbereitschaft erheblich. Derzeit planen nur 43,9 Prozent der Befragten ein Investitionsvorhaben (Vorjahr: 52,8 Prozent). Die Investitionsneigung im Mittelstand ist damit so niedrig wie zuletzt während der Finanzkrise 2009. Dazu Hantzsch: „Ohne Investitionen verlieren die Unternehmen an Wettbewerbsfähigkeit. Für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschlands ist das eine schwere Belastung.“
Winterhalbjahr: Überwiegend sinkende Umsätze
Bereits im zurückliegenden Winterhalbjahr war die Umsatzentwicklung im Mittelstand sehr verhalten. Mit einem Anteil von 31,7 Prozent überwogen die negativen Umsatzmeldungen, während 23,9 Prozent der Unternehmen ein Umsatzplus verzeichneten. Zudem beeinträchtigte die Rezession spürbar die Bereitschaft zu Neueinstellungen. In der Umfrage haben 18,5 Prozent der Befragten eine verkleinerte Belegschaft gemeldet, während gleichzeitig 18,0 Prozent den Personalbestand erhöht haben. „Erstmals seit fast 20 Jahren ist die Beschäftigung im Mittelstand nicht mehr gewachsen. Das kann als Warnsignal für den Arbeitsmarkt verstanden werden“, so Creditreform Sprecher Hantzsch. Die aktuellen Personalplanungen im Mittelstand seien sogar zurückhaltender als während der Corona-Zeit.
Eigenkapitalquote steigt im Verarbeitenden Gewerbe
„Ausbleibende Investitionen und ein sinkender Bedarf an Fremdkapital erhöhten im Mittelstand die Eigenkapitalquoten. Die Anzahl eigenkapitalstarker Unternehmen ist folglich gestiegen“, verweist Hantzsch auf die Finanzsituation der Unternehmen. 35,5 Prozent der Befragten verzeichneten eine hohe Eigenkapitalquote von über 30 Prozent. Allerdings zeigt sich dieser positive Trend nur im Verarbeitenden Gewerbe. Im Baugewerbe sowie im Handel erhöhte sich hingegen die Zahl der eigenkapitalschwachen Unternehmen. Aktuell weisen im Mittelstand 29,5 Prozent der Befragten eine unzureichende Eigenkapitalquote von unter 10 Prozent auf.
Aufgrund hoher Zinsen und der schwachen Wirtschaftslage ist die Kreditnachfrage im Mittelstand deutlich zurückgegangen. Nur 18,6 Prozent der Befragten beantragten in den letzten Monaten einen Bankkredit – in der Vorjahresumfrage waren es noch 23,8 Prozent der Befragten und vor drei Jahren hatte noch fast jeder Dritte einen Kredit nachgefragt.
Bürokratiebelastungen steigen
Die überwältigende Mehrheit der mittelständischen Unternehmen (75,6 Prozent der Befragten) hat eine Zunahme bürokratischer Auflagen festgestellt. Der gestiegene Bürokratieaufwand entwickelt sich zu einem Hemmnis für die Geschäftsentwicklung. Den Unternehmen bleibt weniger Zeit für Aufträge (70,0 Prozent), was zu längeren Wartezeiten für die Kunden führt (36,6 Prozent). Auch die Kosten steigen beispielsweise durch zusätzliches Personal. „Die ausufernde Bürokratie entwickelt sich von einem allgemeinen Ärgernis zu einem echten Hemmschuh. Der Mittelstand muss effektiv entlastet werden“, fordert Hantzsch.