Beitrag teilen

Forderungslaufzeiten steigen, Risiken für Lieferanten nehmen zu

Bei B2B-Geschäftstransaktionen in Deutschland treten immer häufiger Zahlungsverzögerungen auf. Zwischen Januar und Juni 2019 betrug die durchschnittliche Verzugsdauer 10,78 Tage. Im 1. Halbjahr 2018 waren Rechnungen im Durchschnitt noch 10,59 Tage überfällig gewesen. Der Zahlungsverzug hat damit in den vergangenen Monaten weiter zugenommen, Rechnungen wurden vermehrt verspätet bezahlt. Für Gläubiger und Kreditgeber steigt damit das Risiko eines Zahlungsausfalls.

Zudem ist mit höheren Kosten für die Liquiditätsabsicherung zu rechnen. Vor dem Hintergrund der abflauenden Industriekonjunktur und perspektivisch wieder steigender Insolvenzen ist diese Entwicklung ein Signal an alle Kreditgeber, das Forderungsmanagement den neuen Anforderungen anzupassen.

Erhöht hat sich der Zahlungsverzug im 1. Halbjahr 2019 insbesondere bei Debitoren aus der Logistikbranche. Rechnungen wurden in diesem Wirtschaftsbereich im Durchschnitt mit einem Verzug von 15,62 Tagen bezahlt (1. Halbjahr 2018: 12,67 Tage). Überdurchschnittlich lang waren die Zahlungsverzögerungen in den ersten sechs Monaten 2019 zudem im Baugewerbe (16,16 Tage). Länger ist die Verzugsdauer zuletzt auch bei Geschäften mit Metall- und Elektrounternehmen geworden (+ 0,86 Tage gegenüber Vorjahr) sowie im Großhandel (+ 0,54 Tage) und in der Konsumgüterbranche (+ 0,27 Tage). Verbesserungen im Zahlungsverhalten waren dagegen bei unternehmensnahen Dienstleistern und Unternehmen aus dem Einzelhandel festzustellen. Die Verzugsdauer nahm um 1,44 bzw. 0,87 Tage ab. Insgesamt bleibt der Zahlungsverzug der Unternehmen der Chemiebranche am geringsten (8,73 Tage).

Forderungslaufzeiten

Die Forderungslaufzeiten sind im Jahresvergleich deutlich angestiegen (+ 0,82 Tage im 1. Halbjahr 2019). Auf Basis des Creditreform Debitorenregister Deutschland (DRD) betrug die Außenstandsdauer für offene Forderungen durchschnittlich 43,11 Tage, nachdem es im 2. Halbjahr 2018 noch 42,30 Tage und in der Vorjahresperiode (1. Halbjahr 2018) 42,29 Tage waren. Neben dem gestiegenen Zahlungsverzug ist insbesondere die Ausweitung der Zahlungsziele für diese Entwicklung verantwortlich. So haben die Lieferanten und Kreditgeber ihren Kunden häufig längere Zahlungsfristen eingeräumt. Auffällig sind die längeren Forderungslaufzeiten bei Geschäften mit dem Verkehrs- und Logistiksektor und dem Einzelhandel. Gegen den Trend verringerte sich die Außenstandsdauer bei Transaktionen mit Unternehmen aus dem Baugewerbe (- 0,99 Tage).

Zuletzt stiegen die Unterschiede je nach Wirtschaftsbereich des Debitors wieder leicht an. Einzelhandelsunternehmen verursachten bei ihren Gläubigern im Durchschnitt eine Forderungslaufzeit von 46,89 Tagen, persönliche Dienstleister eine von nur 35,41 Tagen.

Zahlungsziele

32,33 Tage Zahlungsziel haben deutsche Lieferanten und Kreditgeber ihren Kunden im 1. Halbjahr 2019 eingeräumt. Das war deutlich mehr (+ 0,63 Tage) als in der Vorjahresperiode (31,70 Tage). Insbesondere unternehmensnahen Dienstleistern (+ 2,42 Tage) und dem Einzelhandel (+ 2,79 Tage) wurden längere Zahlungsziele gewährt als noch vor einem Jahr. Diese Entwicklungen treiben die Forderungslaufzeiten nach oben.

Eine Ausweitung der Zahlungsziele war zuletzt auch für Unternehmen aus dem Verkehrs- und Logistikgewerbe festzustellen (+ 1,53 Tage). Mehr Zeit zum Begleichen der Rechnungen wurde zudem der Grundstoffbranche eingeräumt (+ 1,29 Tage). Gekappt wurden die Zahlungsziele hingegen bei den Unternehmen aus dem Baugewerbe (- 0,75 Tage) und der Metall- und Elektrobranche (- 0,39 Tage). Insgesamt haben die Unterschiede hinsichtlich der gewährten Zahlungsziele wieder zugenommen. Die längsten Zahlungsfristen erhielten Einzelhändler (37,72 Tage), die kürzesten die personenbezogenen Dienstleister (23,08 Tage).

Zahlungsweise nach Rechtsform

Verschlechtert hat sich das Zahlungsverhalten im 1. Halbjahr 2019 im Wesentlichen bei Unternehmen der Rechtsformen KG (Zahlungsverzug + 2,89 Tage im Vergleich zum Vorjahr), OHG (+ 2,01 Tage) und GbR (+ 1,93 Tage). Auch Unternehmen der Freien Berufe weisen einen steigenden Zahlungsverzug auf (+ 1,09 Tage). Weniger Verzögerungen im Zahlungsverkehr traten hingegen bei Debitoren der Rechtsformen UG (- 2,43 Tage) und eG (- 2,19 Tage) auf. Überdurchschnittlich verspätet bezahlt wurden Rechnungen weiterhin von Gewerbebetrieben (Zahlungsverzug 17,18 Tage), gefolgt von der UG haftungsbeschränkt (16,61 Tage). Deutlich geringer ist die Verzugsdauer bei Vereinen (9,04 Tage) und der AG (9,05 Tage).

Die gesamte Forderungslaufzeit nahm bei Geschäften mit der UG auf 37,38 Tage ab (- 2,97 Tage). Eine merkliche Verkürzung der Forderungslaufzeiten ist zudem bei Rechnungen an Einzelkaufleute (- 3,34 Tage) und Vereine (- 2,33 Tage) festzustellen, während Unternehmen der Rechtsformen OHG (+ 5,05 Tage) deutlich längere Laufzeiten verursachten als noch im Vorjahr.

Forderungsvolumen

Insgesamt wurden in dem Zeitraum Januar bis Juni 2019 rund 3,1 Mio. überfällige Rechnungen aus dem Creditreform Debitorenregister Deutschland (DRD) ausgewertet, die ein wertmäßiges Volumen von insgesamt 6,4 Mrd. Euro widerspiegeln. Im 1. Halbjahr 2019 erhöhte sich der durchschnittliche Rechnungsbetrag im B2B-Geschäft von 2.020 Euro auf 2.076 Euro. Im mittelfristigen Zeitraum seit 2016 stieg der Wert einer überfälligen Rechnung noch deutlicher um 293 Euro (+ 16,4 Prozent). Diese Entwicklung zeigt, dass häufiger auch größere Rechnungssummen verspätet bezahlt wurden. Auch die Zahl der überfälligen Rechnungen je Zahlungsempfänger ist zuletzt auf 11,2 gestiegen, wesentlich bedingt u. a. durch die Entwicklungen im Einzelhandel, im Großhandel, im Logistiksektor und bei den Unternehmensdienstleistern.

Den größten Anteil am offenen Forderungsbestand in Deutschland hat weiterhin die Metall- und Elektrobranche. Zuletzt verringerte sich deren Anteil aber von 26,6 auf 25,0 Prozent innerhalb eines Jahres. Dabei steht das Metall- und Elektrogewerbe nur für 10,7 Prozent aller offenen Rechnungen. Verantwortlich für diese Diskrepanz ist vor allem der im Durchschnitt hohe Rechnungswert bei Geschäften mit dieser Branche, so dass bereits mit wenigen offenen Rechnungen hohe Forderungssummen zustande kommen können. Ebenfalls große Bedeutung für Kreditgeber haben unternehmensnahe Dienstleister und der Großhandel mit einem Anteil an den gesamten Außenständen von 16,2 bzw. 14,7 Prozent. Dabei stieg der Bedeutung des Dienstleistungssektors im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. 18,0 Prozent aller offenen Rechnungen in Deutschland wurden von Unternehmensdienstleistern verursacht (+ 0,8 Prozentpunkte) – und nur 1,6 Prozent von Chemiefirmen.

Der Einzelhandel steht wertmäßig für knapp ein Zehntel (9,8 Prozent) aller Außenstände – bei steigender Tendenz. Auch hier werden die Rechnungssummen, die zunächst offen blieben, größer.

Zahlungsverzug nach Unternehmensgröße

Längere Forderungslaufzeiten entstanden im 1. Halbjahr 2019 insbesondere dann, wenn der Geschäftspartner mehr als 250 Arbeitnehmer beschäftigte. Mittlerweile mussten Gläubiger und Kreditgeber solcher Großunternehmen 44,60 Tage auf den Geldeingang warten (+ 1,04 Tage). Kleinere Debitoren (bis 50 Arbeitnehmer) zahlten hingegen schneller als im Vorjahreszeitraum (- 0,88 Tage). Gleichwohl sind die Zahlungsverzögerungen nach Ablauf der gesetzten Zahlungsfrist bei kleineren Unternehmen weiterhin vergleichsweise lang. Im Durchschnitt waren im 1. Halbjahr 13,53 Tage Zahlungsverzug einzukalkulieren. Hinsichtlich der Verzugsdauer bestehen weiterhin beträchtliche Unterschiede. So zahlen Großunternehmen durchschnittlich 9,79 Tage verspätet. Im Vorjahresvergleich nahm aber nur in der Größenklasse der mittleren Unternehmen der Zahlungsverzug zu (+ 0,49 Tage), so dass infolgedessen auch die Forderungslaufzeiten stiegen.  Aufgrund der vergleichsweise hohen Rechnungssummen verursachen Großunternehmen weiterhin den Löwenanteil am ausstehenden Forderungsbestand in Deutschland (62,7 Prozent). Gegenüber dem Vorjahreszeitraum (61,2 Prozent) nahmen der Anteil und damit die Abhängigkeit der Kreditgeber von Großkunden weiter zu.

Datenbasis Creditreform Zahlungsindikator Deutschland:

  • Zu rund 990.000 Unternehmen liegen Zahlungsinformationen im Debitorenregister Deutschland (DRD) vor.
  • Ein Belegvolumen von ca. 65 Mrd. Euro zu 1.161 Branchen wird analysiert.
  • Monatlich gibt es 7,2 Mio. neue Zahlungsinformationen.